Frank, Jahrgang 1961,
Versicherungskaufmann*

„Ich weiß gar nicht, ob ich meine Geschichte erzählen soll...ich war von 1982 an IM der Staatssicherheit und trage bis heute schwer an meinem Handeln. Mein Vater war Arzt an einer Poliklinik und eigentlich hat es mir in meiner Jugend an nichts gefehlt. Doch in der Jugend oder als junger Erwachsener ist man ja anfällig für alle Formen der Verlockung und meine Familie bildete ein interessantes Umfeld für alle möglichen Informationen, von denen die da oben glaubten, sie müssten sie unbedingt haben. Jedenfalls waren die Anwerber zur Stelle und ich habe mich nach anfänglichem Zögern auch auf die ersten und einfachen „Bespitzelungen“ eingelassen – auch weil es so einfach war und sie mir direkt kleine Vorteile und Anerkennung einbrachten.

Am Anfang war das alles noch banal. Nun ja, dann hat sich aber so ein Sog entwickelt, ich habe immer weitergemacht und dann natürlich auch den weiteren Familien- und Freundeskreis einbezogen. Die von oben haben Druck gemacht und ich musste ständig weiter liefern.

Die schlimmste Zeit war für mich, als ich Anfang 86 durch eigene Blödheit aufflog und feststellen musste, dass meine Familie schon seit längerem geahnt hatte, was ich da treibe. Die Überraschung hielt sich also in Grenzen. Und dennoch habe ich mich irgendwie wie abgeschrieben gefühlt.

Heute macht mich betroffen, dass wir in der Familie nicht haben reden können und ich mich im Nachgang nicht erklären konnte, wie ich in mein Verhalten „reingeraten” bin. Ich fühle mich in einer unguten Mischung gleichzeitig schuldig und ausgenutzt. Erst in der therapeutischen Arbeit bei OSTZIGARTIG ®habe ich Wege gefunden, meine familiären Muster aufzudecken und für mich in Worte zu fassen.
Dabei habe ich z.B. herausgefunden, dass mein Großvater in jungen Jahren stramm in der NSDAP war und sein Umfeld verpfiffen hat. Die Familie – also auch mein Vater – mussten es totschweigen. Heute kann ich darin meine eigene „Wiederholungsgeschichte“ erkennen und bin auf dem Weg, mich meiner Familie und meinen Vater wieder stärker anzunähern und unsere „heißen Eisen“ anzusprechen.“

* Wir danken unseren Klienten für die Freigabe ihrer persönlichen Geschichte. Namen und Bilder wurden zum Schutz ihrer Identität verändert.