Johannes, Jahrgang 1958,
selbständiger Handwerker*
„Ich stamme aus einer kleinen Gemeinde im Eichsfeld und bin im Sperrgebiet, sozusagen mit Blick auf die Grenze aufgewachsen. Bei uns war man seit Generationen katholisch, da war mein Weg vorgeprägt. Ich war in der katholischen Jugend aktiv und hatte dort meine „Heimat“. Alles „staatliche Verordnete“ kam für mich überhaupt nicht in Frage. Ich weiß nicht ... es war, glaube ich, dieser Zusammenhalt, den ich in der Gemeinde kennengelernt habe, der mir dann die Kraft gegeben hat, mich aufzulehnen, meine eigene Meinung zu vertreten und mich nicht mehr durch Lehrer oder Ausbilder verbiegen zu lassen. Es kam das volle Programm: schulische Ausgrenzung, lange Haare, Bluesmusik und Hippie-Bart, Verweigerung des „Dienstes mit der Waffe“, eine harte Zeit bei den Bausoldaten – weit weg von Zuhause.
Der Protest gegen die Bildungsbenachteiligung, gegen die ich später rebellierte, führten mich anschließend zweimal in U-Haft – eine Zeit die mich brechen sollte und es fast auch geschafft hätte. Und heute? Manchmal komme ich mir immer noch vor wie der alte Rebell von einst. Ich bin wütend, weil mir die DDR vieles vorenthalten hat. Ich konnte nicht studieren und das auch nach der Wende nicht mehr nachholen.
So bin ich ein „einfacher Handwerker“ geblieben, worunter ich lange sehr gelitten habe. Dabei habe ich viel geschafft: Ich habe inzwischen ein eigenes Unternehmen und beschäftige sogar einige Mitarbeiter. Meinen Kindern stehen heute alle Möglichkeiten offen, aber im Gegensatz zu ihnen weiß ich, dass das nicht selbstverständlich ist.
Der Kirche und meinem Glauben bin ich die ganze Zeit über treu geblieben, gerade wenn mein Widerstand einzuknicken drohte. Ich weiß, dass ich meine Eltern, die wirklich nicht überangepasst waren, zwischendurch in den Wahnsinn getrieben habe mit meiner Kompromisslosigkeit und das tut mir auch leid. Alle diese Elemente gehören aber untrennbar zu mir und meiner Person.
Nicht zuletzt durch die Gespräche, die ich mit OSTZIGARTIG ®führen konnte, habe ich dies alles noch einmal sortiert und erkannt, dass mein harter Weg wohl der für mich einzig gangbare war und mir einzigartige Erfahrungen ermöglicht hat.“
* Wir danken unseren Klienten für die Freigabe ihrer persönlichen Geschichte. Namen und Bilder wurden zum Schutz ihrer Identität verändert.